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Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung

Wenn in Österreich darüber abgestimmt wird, ob es ein Berufsheer bekommen soll oder nicht, muss nach wie vor zuerst die Frage gestellt werden, ob es denn nicht vollkommen lächerlich ist, darüber eine Volksabstimmung zu veranstalten. Ganz einfach deshalb, weil es eine angeblich funktionsfähige Regierungskoalition gibt, die eine solche Entscheidung eigentlich selbst zustande bringen sollte. Möchte man meinen.

Das stattfindende Schlammcatchen im Vorfeld der Abstimmung muss nicht wiedergekäut werden, das ist einfach zu weit unten, versuchen wir, es zu vergessen und zu verdrängen. Was mehr interessieren sollte, ist der tatsächliche Grund, warum diese Inszenierung über die Bühne geht. Insgesamt gibt es in diesem Land durchaus Probleme, die wichtiger erscheinen, ohne das Gesamtthema Bundesheer vernachlässigen zu wollen. Selbstverständlich gehört diskutiert und entschieden, was Sinn und was nicht Sinn macht, für alle, für das Heer, für soziale Einrichtungen, für das Budget, und nicht zuletzt für die jungen Leute, die dafür viel Zeit aufbringen für wenig Geld. Daran wird aber meilenweit vorbeigeredet.

Sollte es ein Versuch sein, der rechten Bank der Opposition nach dem Maul zu reden, was deren ständige Forderung nach mehr direkter Demokratie angeht, ist er gänzlich misslungen. Zu einer Volksbefragung sollte man Standpunkte mit Argumenten belegen und nicht ausschließlich die Defizite des Koalitionspartners in ihren jeweiligen jämmerlichen Standpunkten ausschlachten. Aber das ist nicht neu und wurde schon öfter festgestellt, dass Prognosen für bevorstehende Erfolge oder Misserfolge nicht aus eigenen Ideen und Leistungen resultieren, sondern aus den Mankos der politischen Gegner. Wenn nun beobachtet wird, dass es für die ganz ganz rechte Abteilung gar nicht schlecht aussieht und ein Neueinsteiger, der neben abstrusen Vorstellungen von Demokratie einen Umgang mit Journalisten und insgesamt mit Menschen, die Fragen stellen, pflegt, der einfach jenseitig ist, beste Chancen hat, beim ersten Wahlantritt einige Prozent zu gewinnen, sollten einmal ein paar Gedanken gemacht werden, was hier falsch läuft.

Der Verdacht erhärtet sich, dass es leider niemand schafft, sich selbst einigermaßen realistisch einzuschätzen. Diese Regierung ist derartig schlecht aufgestellt und zusätzlich ganz offensichtlich so letztklassig gecoacht, dass sie es einfach nicht wahrnimmt, auf welchem Holzweg sie sich befindet. Die rechte/n Oppositionspartei/en bringen nach wie vor so gut wie keine konstruktive Alternative zu irgendwelchen Problemen, die das Land beschäftigen, außer auf Minderheiten mit dem Finger zu zeigen. Gleichzeitig gaukeln sie seit Jahrzehnten vor, sich für den sogenannten kleinen Mann einzusetzen, und interessieren sich in Wirklichkeit einen Dreck dafür, wie ganz leicht zu erkennen ist, wenn man nur etwas genauer hinschaut. Ein Orden für Manfred Deix´ Cartoon, der schon vor vielen Jahren veröffentlich wurde und zeitlose Gültigkeit hat! Jörg Haider liegt als Großmutter verkleidet im Bett. Ein Arbeiter in blauem Arbeitsgewand steht davor und fragt: „Großmutter, warum hast du so ein arbeiterfreundliches Gesicht?“ Und die Großmutter bzw. Jörg Haider antwortet: „Damit du mich besser wählen kannst, du Vollkoffer.“ An dieser Haltung hat sich rechts außen nichts verändert, die Politik, wenn man das so nennen will, die dort gemacht wird, ist immer noch die selbe, nur dass die Protagonisten von der Hinterlistigkeit und Strategiefähigkeit ihres verunglückten Führers nicht einmal Spurenelemente aufweisen können. Trotzdem liegen sie nicht schlecht im Rennen, wenn man Umfragen betrachtet. Das irritiert. Jörg Haider wurde und wird gar nicht selten großes politisches Talent nachgesagt: Es stellt sich dabei die Frage, wo das Talent liegt, auf Kosten schwächerer und wehrloser Menschen Wahlprofit zu schlagen. Schlechtes Benehmen, asoziales Gesamtverhalten und höchstwahrscheinlich kriminelle, zumindest aber sehr dubiose Geschäftspraktiken waren es in Wirklichkeit.

Kehren wir nun aber zur Volksabstimmung zurück. Es war nicht zu erwarten, dass die beiden Regierungsparteien in plötzliche Harmonie ausbrechen werden, wie auch immer das Ergebnis aussieht. Es war bereits vor einem Jahr nicht möglich, sich darauf zu einigen, in welcher Form es ein Bundesheer in diesem Land geben soll, noch weniger ist zu erwarten, dass welches Ergebnis auch immer bis September dieses Jahres so weit konstruktiv bearbeitet wird, dass auch ein Resultat folgen könnte. Es wurde von beiden Seiten beschworen, das Ergebnis dieser Volksabstimmung zu akzeptieren. Hier stellt sich postwendend die Frage, was die andere Idee gewesen sein könnte, als das Ergebnis einer Volksabstimmung zu akzeptieren: Anfechten? Ignorieren? Was diese Abstimmung bestimmt gebracht hat, ist ein merkwürdiges Licht, in dem die Regierung sich einmal mehr zeigt. Wenn bedacht wird, wie wenig sie in einer zusätzlich von vier auf fünf Jahre verlängerten Regierungsperiode an wirklich ernst zu nehmender Arbeit abgeliefert hat, scheint mir dieses Land nicht unbedingt gefährdet zu sein, in absehbarer Zeit mit einer sinnvollen neuen Form von Armee und Sozialdiensten konfrontiert zu werden. Nach der Abstimmung ist also vor der Abstimmung: „Die Regierungsparteien präsentieren sich heute (wann immer das ist) gegenseitig ihre Vorstellungen von einer Bundesheerreform.“ Soweit die Nachrichten. In Wirklichkeit könnte man sagen, dass sich die beiden an den Kopf werfen werden, was alles abgeschminkt werden kann. Zivildienst gleich lang wie der Präsenzdienst? Wirklich nicht. Der Zivildienst wird zwar plötzlich verteidigt, aber um eine zeitliche Angleichung ist nicht zu denken, „das war schon immer so“, das verstehe wer will. Da sind sich sogar fast alle einig, beim am wenigsten verständlichen Standpunkt schweißt Argumentations- und Ideenlosigkeit bemerkenswert zusammen. Gleichzeitig ist von einem „erlebnisorientierten Präsenzdienst“ zu hören. Meine Güte. Es ist zum Verzweifeln, der Begriff Fremdschämen macht sich breit. Wenn schon nach wie vor keine Zahlen genannt werden, welche Reform wie viel Geld kosten würde, genauso wie wir nie erfahren haben, wie viel ein Berufsheer gekostet hätte, so werden zumindest 15 Millionen Euro kolportiert, die allein die Abstimmung gekostet haben soll. Das ist eine recht luxuriöse Summe für die Unfähigkeit, das Bundesheer innerhalb ganz normaler Regierungsarbeit zu reformieren. Diese Unfähigkeit, der die Abstimmung folgte, wurde im Übrigen „reifliche Überlegung“ genannt. Die Umwegrentabilität könnte dieser Regierung bei den nächsten Wahlen im September ziemlich heftig um die Ohren fliegen.   


Bildrechte:
Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von State Library of South Australia

           Originalbild hier: http://www.flickr.com/photos/state_library_south_australia/3254977532/

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[Kolumne/Walter Schaidinger/22.01.2013]





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